Auszug aus:
Reglement zu dem Gesetze über das Postwesen des Norddeutschen Bundes
Quelle:
Amts-Blatt des Königlichen Post-Departements 1867, Seite 403 , General-Verf. vom 20. Dezember 1867, No. 204.
mit Änderungen:
Amts-Blatt der Norddeutschen Post-Verwaltung 1871, Seite 43, General-Verf. vom 3. Februar 1871, No. 25.
Amtsblatt  der Norddeutschen Postverwaltung 1871, Seite 81, General-Verf. vom 27. Februar 1871, No. 58.
Amtsblatt der Deutschen Reichs-Postverwaltung 1871, Seite 393, Verordnung vom 14. October 1871, No. 105

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Die Rechtschreibung der Quelle wurde beibehalten, gesperrt gedruckte Wörter sind unterstrichen.

Tarifbestimmungen s. Anlage des Reglements und Posttax-Gesetz des Norddeutschen Bundes.


§. 1. Allgemeine Beschaffenheit der Postsendungen.
§. 2. Adresse.
§. 3. Außenseite.
§. 4. Begleitbrief bei Packeten.
§. 5. Erfordernisse eines Begleitbriefes.
§. 6. Mehrere Packete zu einem Begleitbriefe.
§. 7. Signatur
§. 8. Declaration
§. 9. Verpackung
§. 10. Verschluß
§. 11 Verpackung und Verschluß der Sendungen mit deklarirtem Werthe.
§. 12. Von der Postbeförderung ausgeschlossene Gegenstände.
§. 13. Zur Postbeförderung bedingt zugelassene Gegenstände.
§. 13. a. Correspondenzkarten.
§. 14. Drucksachen.
§. 15. Waarenproben (Waarenmuster).
§. 16. Recommandirte Sendungen.
§. 17. Post-Anweisungen.
§. 18. Depeschen-Anweisungen.
§. 19. Postvorschuß-Sendungen.
§. 20. Durch Expressen zu bestellende Sendungen.
§. 21. Behandlung reglementswidrig beschaffener Sendungen.
§. 22. Ort der Einliefereung.
§. 23. Zeit der Einlieferung.
§. 24. Frankirungs-Vermerk. Nicht oder ungenügend mit Marken frankirte Briefe nach Ländern, wohin Frankirungszwang besteht.
§. 25. Einlieferungsschein.
§. 26. Speditions-Weg und Ablieferungs-Post-Anstalt.
§. 27. Zurückforderung von Postsendungen durch den Absender.
§. 28. Aushändigung von Postsendungen an den Adressaten an Umspeditions-Orten.
§. 29. Herstellung des Verschluses und Eröffnung der Sendungen durch die Postbeamten.
§. 30. Umfang der Verbindlichkeit der Postverwaltung in Ansehung der Bestellung, so wie Umfang der Annahme von Gegenständen nach dem Bestellbezirke der Aufgabe-Post-Anstalt.
§. 31. Zeit der Bestellung.
§. 32. An wen die Bestellung geschehen muß.
§. 33. Berechtigung des Adressaten zur Abholung der Briefe u. s. w.
§. 34. Aushändigung der Sendungen nach erfolgter Behändigung der Begleitbriefe und der Formulare zu Ablieferungsscheinen, so wie Auszahlung baarer Beträge.
§. 35. Nachsendung der Postsendungen.
§. 36. Behandlung unbestellbarer Postsendungen am Bestimmungsorte.
§. 37. Behandlung unbestellbarer Postsendungen am Aufgabeorte.
§. 38 Verfügungen mit Behändigungsschein.
§. 39. Entrichtung des Portos und der sonstigen Gebühren.
§. 40. Tarif-Bestimmungen.
§. 63. Anfangs-Termin.


Beilage zu Nr. 72. des Amtsblatts des K. Post-Departments vom 23. Dezember 1867.
Reglement zu dem Gesetze über das Postwesen des Norddeutschen Bundes

Auf Grund der Vorschrift des § 57 des Gesetzes über das Postwesen des Nordeutschen Bundes vom 2. November 1867 wird nachstehendes Reglement, dessen Bestimmungen bei Benutzung der Posten zu Versendungen und Reisen als ein Bestandtheil des zwischen dem Absender oder Reisenden einerseits und der Postverwaltung des Norddeutschen Bundes andererseits eingegangenen Vertrages zu erachten sind, zur öffentlichen Kenntniß gebracht.
Die Bestimmungen dieses Reglements beziehen sich auch auf denjenigen Theil des Großherzogthums Hessen, welcher dem Norddeutschen Bunde nicht angehört.

Erster Abschnitt.
Von der Versendung der Briefe, Gelder und Päckereien.

§. 1. Allgemeine Beschaffenheit der Postsendungen.
I Die mit der Post zu versendenden Briefe, Gelder und Päckereien müssen nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen gehörig adressiert, beziehungsweise gezeichnet (signirt), und haltbar verpackt und verschlossen sein.
II Das Gewicht der Sendungen in Brief- oder ähnlicher Form soll ein halbes Pfund nicht übersteigen.

§. 2. Adresse.
I Die Adresse muß den Bestimmungsort, so wie die Person desjenigen, an welchen die Zustellung erfolgen soll, so bestimmt bezeichnen, daß jeder Ungewißheit darüber vorgebeugt wird.
II Dies gilt auch bei solchen mit "poste restante" bezeichneten Gegenständen, für welche die Post Garantie zu leisten hat. Bei gewöhnlichen Briefen, Drucksachen oder Waarenproben mit dem Vermerk "poste restante" darf, statt des Namens des Adressaten, eine Angabe in Buchstaben, Ziffern u. s. w. angewendet sein.

§. 3. Außenseite.
I Außer den, auf die Beförderung oder Bestellung einer Sendung bezüglichen Angaben darf noch der Name oder die Firma des Absenders, sonst aber soll  keine, einer brieflichen Mittheilung gleich zu achtende Notiz auf der Außenseite enthalten sein. Wegen der weiter zulässigen Angaben bei Waarenproben und bei Post-Anweisungen siehe §§ 15 und 17.
II Die Freimarken sind so weit als thunlich in die rechte obere Ecke der Vorderseite der Briefe u. s. w. zu kleben.

§. 4. Begleitbrief bei Packeten.
I Jedem Packete - d. i. jeder Fahrpostsendung, mit Ausnahme von Briefen mit declarirtem Werthe und von Briefen mit Postvorschuß - muß ein Begleitbrief beigegeben sein. Derselbe kann entweder aus einem förmlich verschlossenen Briefe, der weder mit Geld noch mit sonstigen Genständen von angegebenem Werthe beschwert ist, oder aus einer bloßen Adresse bestehen, welche jedoch  mindestens aus einem Viertelbogen Papier gefertigt sein muß. []3.2.1871[Auch die Correspondenzkarten können als Begleitbriefe verwendet werden]*)
*) gilt seit Einführung der Correspondenzkarten, bestätigt durch Verf. vom 21.6.1870.
II Der Begleitbrief soll das Gewicht von einem Loth in der Regel nicht übersteigen.

§. 5. Erfordernisse eines Begleitbriefes.
I Auf dem Begleitbriefe muß die äußere Beschaffenheit der Sendung (eine Kiste bloß, eine Kiste in Leinen, ein Faß u. s. w.), ferner die Bezeichnung (Signatur), und wenn der Werth declarirt wird, die Werthangabe enthalten sein.
[II Der Begleitbrief muß mit einem Abdrucke des Pethschafts versehen werden, welches zur Versiegelung des Packets benutzt ist. Für gewöhnlich ist der Abdruck in Siegellack herzustellen. Auf Packeten ohne Werths-Declaration ist aber auch ein farbiger Stempel-Abdruck zulässig, in so fern derselbe dem zum Verschlusse des Packets dienenden Pethschaftsabdrucke in Siegellack nach Form und Inhalt im Wesentlichen entspricht.]3.2.1871[II Die Begleitbriefe zu Packeten mit Werthangabe müssen mit einem Abdruck desjenigen Petschafts in Siegellack versehen werden, welches zur Versiegelung des Packets benutzt ist.
III Die Begleitbriefe zu Packeten ohne Werthangabe brauchen mit einem Siegel- oder Stempelabdruck nicht versehen werden.]

§. 6. Mehrere Packete zu einem Begleitbriefe.
I Zu einem Begleitbriefe können zwar mehrere Packete gehören, jedoch nicht zugleich Packete mit und ohne Werths-Declaration.
II Gehören mehrere Packete mit Werths-Declaration zu einem Begleitbriefe, so muß auf demselben der Werth eines jeden Packets besonders angegeben sein.

§. 7. Signatur
I Die Bezeichnung (Signatur) einer Sendung soll in der Regel aus der vollständigen Adresse oder aus mehreren großen lesbaren Buchstaben oder Zeichen, darf aber niemals aus Nummern allein bestehen; dieselbe muß den Bestimmungsort übereinstimmend mit der Bezeichnung auf dem Begleitbrief enthalten.
II Bei nach- oder zurückzusendenden Gegenständen muß die Bezeichnung des Bestimmungsortes von der Post-Anstalt kostenfrei entsprechend geändert werden.
III Die Signatur muß dauerhaft und haltbar sein; sie muß bei Wild, bei Geflügel in Netzen, bei Fleischwaaren, welche leicht Fett absetzen, und bei Bärme- oder Hefe-Sendungen in Beuteln, auf einem hinlänglich großen und gut befestigtem Stück Holz oder Leder angebracht sein. Ein Aufkleben von Signaturen mittelst eines Stückes Papier u. s. w. auf Sendungen mit declarirtem Werthe ist unzulässig. Es empfiehlt sich, bei Geldsäcken und Geldbeuteln die Signatur, falls dieselbe nicht unmittelbar auf der Verpackung angebracht ist, auf sogenannten Fahnen von Pappe oder steifem Papier, welche an den Kropf gehörig befestigt sind, herzustellen.
IV Falls bei Sendungen ohne declarirten Werth die Signatur nicht auf die Sendung selbst, sondern auf ein Stück Papier geschrieben wird, darf letzeres der Sendung nicht aufgesiegelt, sondern muß mit Klebstoff der ganzen Fläche nach aufgeklebt werden.

§. 8. Declaration
I Wenn von der Declaration des Werthes einer Sendung Gebrauch gemacht wird, so muß dieselbe bei Briefen auf der Adresse des Briefes, und bei anderen Sendungen sowohl auf der Adresse des Begleitbriefes, als auf der dazu gehörigen Sendung bei der Signatur, angegeben werden.
II Die Declaration des Werthes einer Sendung hat der Regel nach in der Thalerwährung zu erfolgen, kann jedoch in Gebieten mit Guldenwährung in letzterer ausgedrückt werden. Der declarirte Betrag soll den gemeinen Werth der Sendung nicht übersteigen. Besteht eine Sendung aus fremden Geldsorten oder aus Goldmünzen, so hat der Aufgeber (und aushülfsweise der annehmende Postbeamte) die Reduction vorzunehmen und danach den Werth der Sendung auf der Adresse auszudrücken.
III Bei der Versendung von courshabenden Papieren und Documenten ist der Courswerth, welchen dieselben zur Zeit der Einlieferung haben, bei der Versendung von hypothekarischen Papieren, Wechseln und ähnlichen Dokumenten derjenige Betrag anzugeben, welcher zur Erlangung einer rechtsgültigen neuen Ausfertigung des Documents oder zur Beseitigung der aus dem Verluste entstehenden Hindernisse, die verbriefte Forderung einzuziehen, voraussichtlich zu verwenden sein würde. Ist aus der Declaration zu ersehen, daß dieselbe den vorstehenden Regeln nicht entspricht, so kann die Sendung zur Berichtigung der Declaration zurückgegeben werden. Ist letzteres auch nicht gschehen, so darf dennoch aus einer irrthümlich zu hohen Declaration ein Anspruch auf Erstattung des entsprechenden Theiles der Assecuranz-Gebühr nicht hergeleitet werden.
IV In der Entnahme eines Postvorschusses auf einer Sendung ist eine Werths-Declaration des Inhalts nicht zu finden und wird daher für Sendungen mit Postvorschüssen eine Assecuranz-Gebühr neben der Postvorschuß-Gebühr nur dann erhoben, wenn neben der Angabe des Vorschusses auf der Sendung ausdrücklich ein Werth angegeben ist.
V Über Sendungen mit declarirtem Werthe wird dem Absender ein Einlieferungsschein ertheilt.

§. 9. Verpackung
I Die Verpackung der Sendungen muß nach Maßgabe der Transport-Strecke, des Umfanges der Sendung und der Beschaffenheit des Inhalts haltbar und sichernd eingerichtet sein.
II Bei Gegentänden von geringerem Werthe, welche nicht unter Druck leiden, und nicht Fett oder Feuchtigkeit absetzen, ferner bei Acten- oder Schriften-Sendungen, genügt im Allgemeinen bei einem Gewichte bis zu ungefähr 6 Pfund, wenn die Dauer des Transportes verhältnismäßig kurz ist, eine Emballage von haltbarem Packpapier mit angemessener Verschnürung.
III Auf größere Entfernungen zu versendende Gegenstände, sowie alle schwereren Gegenstände, müssen, in so fern der Inhalt und Umfang eine andere festere Verpackung erfordert, mindesten in mehrfachen Umschlägen von starkem Papier verpackt sein.
IV Sendungen von bedeutenderem Werthe, insbesondere solche, welche durch Nässe, Reibung oder Druck leicht Schaden leiden, z. B. Spitzen, Seidenwaaren etc., müssen nach Maßgabe ihres Werthes und Gewichts in genügend sicherer Weise in Wachsleinwand, Pappe (Pappdeckel), in gut beschaffenen und nach Umständen emballirten Kisten etc. verpackt sein.
V Sendungen mit einem Inhalte, welcher anderen Postsendungen schädlich werden könnte, müssen so verpackt sein, daß solche Beschädigung fern gehalten wird. Mit Flüssigkeiten angefüllte kleinere Gefäße (Flaschen, Krüge etc.) sind noch besonders in starken Kisten, Kübeln oder Körben zu verwahren. Fässer, in denen Flüssigkeiten zur Versendung kommen, müssen stark bereift und die Reifen gehörig befestigt sein.
VI Sendungen mit frischen Weintrauben dürfen, außer in einer festeren Verpackung, namentlich in Kisten, Schalen etc., auch in Körben aus geflochtenen Weiden, welche von einem Deckel von gleichem Stoffe geschlossen sind, verpackt werden, in so fern nicht mit Rücksicht auf die Beschaffenheit der Trauben bereits bei der Aufgabe, oder auf die bedeutende Entfernung des Bestimmungsorts, das Absetzen von Feuchtigkeit in größerem Maße zu besorgen ist.
VII Sendungen von Blutegeln müssen so beschaffen sein, daß von dem Inhalte des Gefäßes nichts herausdringen kann.
VIII Wild, welches nicht mehr blutet, darf unverpackt versendet werden.
IX In dem bloßen Zusammenbinden mehrerer zur Versendung bestimmter Gegenstände kann eine vorschriftsmäßige Verpackung derselben nicht gefunden werden. Wenn aber z. B. mehrere Rehe oder Hasen oder Fasanen u. s. w. als ein Packet angesehen werden sollen, so müssen sie nicht bloß an den Enden, sondern auch in der Mitte, und zwar hier mittelst eines starken, fest umgelegten und versiegelten Leinwandstreifens, zusammengebunden, oder überhaupt in Netze, Kisten und dergleichen verpackt sein. Werden die gedachten Gegenstände nicht auf solche Weise zu einem Packete vereinigt, so dürfen sie überhaupt nicht zusammen befestigt, sondern müssen einzeln signirt und auf dem Begleitbriefe demgemäß als einzelne Packete bezeichnet sein; zu einem Begleitbriefe können dieselben indeß gehören.
X Ueberhaupt ist das Zusammenbinden meherer förmlichen Packete, wie z. B. mehrerer Hutschachteln, mehrerer Beutel Hefe, mehrerer Zigarrenkisten u. s. w., nicht als eine vorschriftsmäßige Verpackung anzusehen; dergleichen Gegenstände müssen, wenn sie als ein Packet durch die Post versandt werden sollen, in ein Gebind eingeschlossen sein.
XI Kleines Geflügel, wie z. B. Rebhühner, Krammetsvögel u. s. w., muß bei der Versendung in einer Emballage, z. B. in Netzen, enthalten und darf mit größeren, etwa bloßgehenden Stücken nicht zusammengebunden sein.
XII Packete, die nicht vernäht sind, Schachteln und Kober müssen stets verschnürt sein. Eben so ist bei vernähten Packeten und bei vernagelten Kisten stets dann eine Verschnürung zu benutzen, wenn eine solche zur Verstärkung der Haltbarkeit und zur leichteren Handhabung der Sendung nöthig erscheint.
XIII Wenn in Folge fehlerhafter Verpackung einer Sendung während ihres Transports eine neue Verpackung nöthig wird, so werden die Kosten der letzteren von dem Adressaten eingezogen. Doch wird die Post-Anstalt die von dem Adressaten ausgelegten Kosten erstatten, wenn der Absender die Entrichtung derselben nachträglich übernimmt.

§. 10. Verschluß
I Der Verschluß einer jeden Postsendung muß haltbar und so eingerichtet sein, daß ohne Beschädigung oder Eröffnung desselben dem Inhalte nicht beizukommen ist. Wegen der Drucksachen und wegen der Waarenproben sie §§ 14 und 15.
II Bei Briefen nach Gegenden unter heißen Himmelsrichtungen darf zum Verschlüß Siegellack oder ein anderes, durch Wärme sich auflösendes Material nicht benutzt werden.
[III Der Verschluß eines jeden Packets muß in Befestigung der Schlüsse durch Siegellack mit Abdruck eines ordentlichen Petschaftes bestehen.
IV Wird eine Verschnürung angebracht, so muß dieselbe so beschaffen und festgesiegelt sein, daß sie ohne Verletzung des Siegelverschlussses nicht abgestreift oder geöffnet weden kann.
V Wegen der Briefe mit declarirtem Werthe siehe § 11 Abs. I.]3.2.1871[III Bei Packeten mit Werthangabe hat die Befestigung der Schlüsse stets durch Siegellack mit Abdruck eines ordentlichen Petschafts stattzufinden.
IV Bei Packeten ohne Werthangabe kann von einem Verschluß mittelst Siegel oder Plomben abgesehen werden, wenn durch den sonstigen Verschluß oder durch die Untheilbarkeit des Inhalts selbst die Sendung hinreichend gesichert erscheint. Bei Sendungen, deren Umhüllung aus Packpapier besteht, kann der Verschluß mittelst eines guten Klebstoffs oder mit Siegelmarken aus Papier oder einem ähnlichen festeren Material hergestellt werden. Auch bei anderen Packeten können Siegelmarken in Anwendung kommen, sofern diese mit Rücksicht auf das zur Verpackung benutzte Material so beschaffen sind, daß dadurch ein haltbarer Verschluß erzielt wird.
V Bei Reisetaschen, Koffern und Kisten, welche mit Schlössern versehen sind, sowie bei gut bereiften und fest verspundeten Fässern, auch fest vernagelten Kisten, bedarf es ebenfalls keines weiteren Verschlusses durch Siegel oder Plomben.
VI Imgleichen können gut emballirte Maschinentheile, größere Waffen und Instrumente, Karteikasten, Stücke Wildpret, z. B. Hasen, Rehe etc., ohne Siegel- oder Plombenverschluß angenommen werden.
VII In den Fällen hingegen, in welchen bei Packeten ohne Werthangabe die obigen Voraussetzungen nicht zutreffen, und ein hinreichend sicherer Verschluß anderweitig nicht hergestellt ist, muß ein Siegel- oder Plombenverschluß stattfinden.]

§. 11 Verpackung und Verschluß der Sendungen mit deklarirtem Werthe.
I Briefe mit declarirtem Werthe (Gold, Silber, Papiergeld, Werthpapiere u. s. w.) müssen mit einem haltbaren Kreuz-Couvert versehen und mit 5 gleichen Siegeln nach Maßgabe der nebenstehenden Zeichnung gut verschlossen sein.
II Geldstücke, welche in Briefen versandt werden, müssen in Papier oder dergleichen eingeschlagen, und innerhalb des Briefes so befestigt sein, daß eine Veränderung ihrer Lage während des Transports nicht stattfinden kann.
III Schwere Geldsendungen sind in Packete, Beutel, Kisten oder Fässer fest zu verpacken.
IV Sendungen bis zum Gewichte von 3 Pfund, sofern der Werth bei Papiergeld nicht 3000 Thlr. oder 5000 Fl. und bei baarem Gelde nicht 300 Thlr. oder 500 Fl. übersteigt, dürfen in Packeten von starkem, mehrfach umgeschlagenen und gut verschnürtem Papier eingeliefert werden.
V Bei schwererem Gewichte und bei größeren Summen muß die Verpackung in haltbarem Leinen, in Wachsleinwand oder Leder bestehen, gut umschnürt und vernäht, so wie die Naht hinlänglich oft versiegelt sein.
VI  Geldbeutel und Säcke, welche nicht in Fässern u. s. w. versandt werden, können in dem Falle aus einfacher starker Leinwand bestehen, wenn das Geld darin gehörig, oder zu Päckchen vereinigt enthalten ist. Andernfalls müssen die Beutel aus wenigstens doppelter Leinwand hergestellt sein. Die Naht darf nicht auswendig und der Kropf nicht zu kurz sein. Da wo der Knoten geschürzt ist, und außerdem über beiden Schnur-Enden muß das Siegel deutlich aufgedrückt sein. Die Schnur, welche den Kropf umgiebt, muß durch den Kropf selbst hindurchgezogen werden. Dergleichen Sendungen sollen nicht über 50 Pfund schwer sein.
VII Geldkisten müssen von starkem Holz angefertigt, gut gefügt und fest vernagelt sein, oder gute Schlösser haben; sie dürfen nicht mit überstehenden Deckeln versehen, die Eisenbeschläge müssen fest und dergestlt eingelassen sein, daß sie andere Gegenstände nicht zerscheuern können. Ueber 50 Pfund schwere Kisten müssen gut bereift und mit Handhaben (Handschlingen) versehen sein.
VIII Die Geldfässer müssen gut bereift, die Schlußreifen angenagelt und an beiden Böden dergestalt verschnürt und versiegelt sein, daß ein Oeffnen des Fasses ohne Verletzung der Umschnürung oder des Siegels nicht möglich ist.
IX Bei Packeten mit baarem Gelde in größeren Beträgen muß der Inhalt gerollt sein. Gelder in Fässern oder Kisten müssen in Beuteln oder Packeten verpackt sein.

§. 12. Von der Postbeförderung ausgeschlossene Gegenstände.
I Zur Versendung mit der Post dürfen nicht aufgegeben werden: Gegenstände, deren Beförderung mit Gefahr verbunden ist, namentlich alle durch Reibung, Luftzudrang oder Druck und sonst leicht entzündliche Sachen, so wie ätzende Flüssigkeiten. Dahin gehören z. B. Schießpulver, Feuerwerks-Gegenstände, Reib- und Streichzünder, Schießbaumwolle, Phosphor, Knallsilber, Pyropapier, Sprengöl oder Nitroglycerin, Aether oder Naphta, Photogen, Petroleum, Mineralsäuren u. s. w. Eben so bleiben gefettete Wolle, Kienrußschwärze u. s. w. von der Versendung mit der Post ausgeschlossen.
II Die Post-Anstalten sind befugt, in Fällen des Verdachts, daß die Sendungen Gegenstände der obigen Art enthalten, vom Aufgeber die Declaration des Inhalts zu verlangen.
III Diejenigen, welche derartige Sachen unter unrichtiger Declaration oder mit Verschweigung des Inhalts der Sendung zur Post aufgeben, haben - vorbehaltlich der Bestrafung nach den Landesgesetzen - für jeden entstehenden Schaden zu haften.

§. 13. Zur Postbeförderung bedingt zugelassene Gegenstände.
I Flüssigkeiten, desgleichen Sachen, die dem schnellen Verderben und der Fäulniß ausgesetzt sind, unförmlich große Sachen, so wie Bäume, Sträucher und dergleichen, ferner lebende Thiere, können von den Post-Anstalten zurückgewiesen werden.
II Für dergleichen Gegenstände, wenn dieselben dennoch zur Beförderung angenommen werden, so wie für leicht zerbrechliche Gegenstände und für in Schachteln verpackte Sachen, leistet die Postverwaltung keinen Ersatz, wenn durch die Natur des Inhalts der Sendung oder durch die Beschaffenheit der Verpackung auf dem Transporte eine Beschädigung oder ein Verlust entstanden ist.
III Die im § 12 Abs. II ausgesprochene Befugniß der Post-Anstalten, Declaration des Inhalts  zu verlangen, tritt auch in solchen Fällen ein, in welchen Grund zu der Annahme vorliegt, daß die Sendungen Flüssigkeiten, dem schnellen Verderben und der Fäulniß ausgesetzte Sachen, oder lebende Thiere enthalten.
IV Wenn Flüssigkeiten als solche nicht declarirt sind, so hat der Absender den Schaden zu ersetzen, welcher in Folge der Beförderung derartiger Sendungen anderen Postgütern verursacht wird.
V Zündhütchen müssen in Kistchen fest und gut von außen und innen verpackt und als solche sowohl auf der Adresse als auch auf der Sendung selbst declarirt werden. Der Aufgeber ist, wenn er diese Bedingungen nicht eingehalten hat, für den aus allenfalsiger Explosion entstehenden Schaden haftbar.
VI Das Gewicht eines Packets (einer Kiste, eines fasses u. s. w.) soll im Allgemeinen 100 Pfund nicht erheblich übersteigen.

[]3.2.1871[§. 13. a. Correspondenzkarten.*)
I Die Vorderseite der Correspondenzkarte enthält einen zur Einrückung der Adresse bestimmten Vordruck. Die Rückseite kann in ihrer ganzen Ausdehnung zu schriftlichen Mittheilungen benutzt werden. Die Adresse und die Mittheilung können mit Tinte, Bleistift, Rothstift oder sonstigem färbenden Material geschrieben werden; nur muß die Schrift haften und deutlich sein. Die Mittheilungen auf der Rückseite können auch durch Druck, Lithographie u. s. w. hergestellt werden, wobei als dann auch schriftliche Einschaltungen zulässig sind. Der Absender braucht sich nicht zu nennen.
II Formulare zu den Correspondenzkarten können bei allen Postanstalten, sowie bei den Briefträgern und Landbriefträgern bezogen werden. Diese Formulare sind bereits mit der die Gebühr für die Beförderung der Correspondenzkarten darstellenden Freimarke beklebt. Für den Stadtpostverkehr und für den Verkehr aus dem Orte nach dem Landbestellbezirke und umgekehrt werden Formulare mit den entsprechenden Marken beklebt zum Verkauf an das Publicum bereit gehalten.
III Bei Entnahme der Formulare zu Correspondenzkarten ist nur der Betrag der aufgeklebten Marken zu entrichten; das Formular selbst wird unentgeltlich geliefert. Auf Wunsch sollen den Correspondenten aber auch unbeklebte Formulare in Partien von wenigstens 5 Stück verabfolgt werden; in diesen Fällen wird der durchschnittliche Selbstkostenpreis berechnet.
IV Das Verfahren der Recommandation und der Expreßbestellung ist auf die Correspondenzkarten anwendbar.
V Wenn ein mit der Marke beklebtes Formular zur Correspondenzkarte vor der Einlieferung zur Post beschädigt oder sonst unbrauchbar werden sollte, so wird die Post den Umtausch desselben gegen ein unverletztes mit der entsprechenden Marke beklebtes Exemplar unentgeltlich bewirken.
VI Die Correspondenzkarten unterliegen dem Frankirungszwange.]
*) Einführung durch Verfügung vom 6.6.1870.

§. 14. Drucksachen.
I Gegen die für Drucksachen festgesetzte ermäßigte Taxe können befördert werden: alle gedruckte, lithographirte, metallographirte, photographirte oder sonst auf mechanischem Wege hergestellte, nach ihrem Format und ihrer sonstigen Beschaffenheit zur Beförderung mit der Briefpost geeigneteGegenstände, einschließlich gebundener oder brochirter Bücher. Ausgenommen hiervon sind die mittelst der Copirmaschine oder mittelst Durchdrucks hergestellten Schriftstücke.
II Die Sendungen müssen offen, und zwar entweder unter [schmalem]3.2.1871[] Streif- oder Kreuzband, []3.2.1871[oder verschnürt,] oder aber in einfacher Art zusammengefaltet eingeliefert werden. Das Band []3.2.1871[(Verschnürung)] muß dergestalt angelegt sein, daß dasselbe abgestreift und die Beschränkung des Inhalts der Sendung auf Gegenstände, deren Versand unter Band gestattet ist, erkann werden kann.
III Die Sendungen können auch aus offenen Karten (Geschäfts-Avise, Preis-Courante, Familien-Anzeigen und dergl. enthaltend) bestehen. Die Karte muß aus einem festen Papier angefertigt sein, und die Größe derselben soll nicht wesentlich von dem Maß eines Postanweisungs-Formulars oder eines gewöhnlichen Brief-Couverts abweichen.
IV Die Adresse kann auf dem Streif- oder Kreuzbande oder aber auf der Sendung selbst angebracht sein. Die Sendung kann eine innere, mit der äußeren übereinstimmende Adresse beigefügt werden.
V Mehrere Gegenstände dürfen unter einem Bande versendet werden, so fern sie von dem gleichen Absender herrühren und überhaupt zur Versendung unter Band gegen die ermäßigte Taxe geeignet sind; die einzelnen Gegensände dürfen aber alsdann nicht mit verschiedenen Adressen oder besonderen Adreß-Umschlägen versehen sein.
VI Circulare etc. von verschiedenen Absendern dürfen nur dann, wenn sie auf ein und demselben Blatte oder Bogen gedruckt, lithographirt oder metallographirt sind, unter einem Bande versendet werden.
VII Die Versendung der bezeichneten Gegenstände gegen die ermäßigte Taxe ist unzulässig, wenn dieselben, nach ihrer Fertigung durch Druck u. s. w., irgend welche Zusätze,  - mit Ausnahme des Orts, Datums und der Namensunterschrift, beziehungsweise Firmazeichnung - , oder Aenderungen am Inhalte erhalten haben. Es macht dabei keinen Unterschied, ob die Zusätze oder Aenderungen geschrieben oder auf andere Weise bewirkt sind, z. B. durch Stempel, durch Druck, durch Ueberkleben von Worten, Ziffern oder Zeichen, Punktiren, Unterstreichen, Durchstreichen, Ausradiren, Durchstechen, Ab-  oder Ausschneiden  einzelner Worte, Ziffern oder Zeichen u. s. w. Anstriche am Rande zu dem Zwecke, die Aufmerksamkeit des Lesers auf eine bestimmte Stelle hinzulenken, sollen jedoch gestattet sein.
VIII Auf der inneren oder äußeren Seite des Bandes dürfen Zusätze irgend welcher Art, welche keinen Bestandtheil der Adresse bilden, sich nicht befinden, mit Ausnahme des Namens, der Firma, so wie des Wohnorts des Absenders.
IX Unter die verbotenen Zusätze ist das Coloriren von Modebildern, Landkarten etc. nicht zu rechnen; die Bilder und Karten dürfen aber keine Handzeichnung, sondern müssen durch Holzschnitt, Lithographie, Stahlstich, Kupferstich Photographie u. s. w. hergestellt sein.
X Bei Preis-Couranten, Cours-Zetteln und Handels-Circularen ist, außer den nach Abs. VII anwendbaren Zusätzen, die handschriftliche Eintragung der Preise, so wie des Namens des Reisenden, ferner die handschriftliche oder auf mechanischem Wege bewirkte Aenderung der Preisansätze, so wie des Namens des Reisenden gestattet.
XI Den Correcturbogen können Aenderungen und Zusätze, welche die Correctur, die Ausstattung und den Druck betreffen, hinzugefügt, auch kann denselben das Mauscript beigelegt werden. Die bei Correcturbogen erlaubten Zusätze können in Ermangelung des Raums auch auf besonderen, den Correcturbogen beigefügten Zetteln angebracht sein. []14.10.1871[In den Bücher-Bestellzetteln nach der von der Postverwaltung vorgeschriebenen Form kann die Bezeichnung der bestellten Bücher, Zeitschriften, Bilder und Musikalien handschriftlich erfolgen.
XII Sendungen, welche sich zur Beförderung gegen die ermäßigte Taxe nicht eignen, können vor der Absendung dem Aufgeber zurückgestellt werden.
XIII Drucksachen müssen frankirt sein und dürfen das Gewicht von ½ Pfund nicht übersteigen. Zur Frankirung sind thunlichst Postfreimarken zu verwenden.

Hinweis:
Mit Generalverfügung Nr. 102  vom 12.10.1871 wird mitgeteilt, dass im inneren Verkehr und im Wechselverkehr die Verwendung von Correspondenzkarten als Drucksachen unter folgenden Bedingungen zulässig ist:

1) Die Mittheilungen müssen auf der Rückseite der Correspondenzkarte durch Druck, Lithographie oder sonst auf mechanischem Wege hergestellt sein; sie dürfen keine weitergehenden schriftlichen Einschaltungen oder Zusätze enthalten, als nach dem Reglement bei Drucksachen, bezw. offenen Karten, welche gegen die ermäßigte Taxe befördert werden sollen, überhaupt gestattet sind.
2) Das Porto von 1/3 Groschen bezw. 2 Kr. muß in gleicher Weise, wie bei den sonstigen Drucksachen, im Voraus entrichtet werden, thunlichst unter Verwendung von Freimarken.
3) Formulare zu Correspondenzkarten, welche demnächst als Drucksachen zur Versendung gelangen sollen, können in Quantitäten von je 5 Stück zum Preise von 1/4 Groschen an das Publikum abgelassen werden. Eine unentgeltliche Lieferung der Formulare hat nicht stattzufinden.
4) In allen übrigen Beziehungen finden auf die vorbezeichneten Sendungen dieselben Bestimmungen Anwendung, welche für Drucksachen gelten.

§. 15. Waarenproben (Waarenmuster).
I Gegen die für Waarenproben (Waarenmuster) bei ihrer Beförderung mit der Briefpost festgesetzte ermäßigte Taxe werden nur wirkliche Waarenproben zugelassen, die ansich keinen eigenen Kaufwerth haben. Flüssigkeiten, Glasgefäße, scharfe Instrumente und dergl. sind zu einer derartgen Versendung als Waarenproben nicht geeignet.
II Hinsichts der Verpackung gilt als Bedingung, daß der Inhalt der Sendungen als in Waarenproben bestehend leicht erkannt werden kann. In der Regel wird zwischen der Verpackung unter Band (Kreuz- oder Streifband), z. B. für Leinen-, Tuch-, Tapeten etc. -Proben, und der Verpackung in Säckchen, z. B. für Getreide-, Kaffee-, Sämerei- und ähnliche -Proben, zu wählen sein. Die Säckchen müssen zugebunden oder zugeschürt, dürfen aber weder zugeklebt noch mittelst der Verschnürung versiegelt sein. Bei Anwendung solcher Säckchen oder ähnlicher Behälter muß die Adresse - auf festem Papier oder anderm geeigneten Stoffe von zweckentsprechender Größe - gehörig haltbar angehängt sein.
III Die Adresse muß, außer dem Namen des Empfängers und des Bestimmungsorts, den Vermerk "Proben" ("Muster") enthalten. Auf der Adresse dürfen außerdem angegeben sein:
der Name oder die Firma des Absenders,
die Fabrik-oder Handelszeichen, einschließlich der näheren Bezeichnung der Waare.
die Nummern, und
die Preise.
IV So weit die Versendung unter Band erfolgt, dürfen diese Angaben, statt auf der Adresse, bei oder an jeder Probe für sich angebracht sein.
V Außer den vorstehenden Angaben dürfen die Sendungen keine handschriftlichen Mittheilungen oder Vermerke irgend welcher Art enthalten.
VI Es ist nicht gestattet, der Waarenprobe einen Brief beizuschließen oder anzuhängen, oder unter einem Bande anderweite besondere Sendungen unter Band, die wiederum für sich förmlich adressirt sind, zu vereinigen. Dagegen ist die Vereinigung von Drucksachen und von Waarenproben durch einen und denselben Absender zu einem Versendungs-Object gestattet; die Drucksachen müssen in diesem Falle den Bestimmungen des § 14 entsprechen.

VII Die Sendungen müssen frankirt sein und dürfen das Gewicht von ½ Pfund nicht übersteigen. Zur Frankirung sind thunlichst Postfreimarken zu verwenden.

§. 16. Recommandirte Sendungen.
I Briefe, Drucksachen und Waarenproben, welche unter Recommendation abgesandt werden sollen, müssen von dem Absender mit einer dieses Verlangen ausdrückenden Bezeichnung (recommandirt, chargé, empfohlen) versehen werden.
II Ueber eine recommandirte Sendung wird dem Absender ein Einlieferungsschein ertheilt.
III Wünscht der Absender eines recommandirten Briefes u. s. w. eine von dem Adressaten auszustellende Empfangsbescheinigung (Rückschein, Retour-Recepisse) zu erhalten, so muß ein solches Verlangen durch die Bemerkung: "gegen Rückschein" ("Retour-Recepisse") auf der Adresse ausgedrückt sein, und der Absender sich namhaft machen.

§. 17. Post-Anweisungen.
I Die Postverwaltung übernimmt es, die Versendung von Geldern bis zum Betrage von funfzig Thalern oder von sieben und achtzig und einen halben Gulden einschließlich im Wege der Post-Anweisung zu bewirken.
II Die Einzahlung des Betrages erfolgt durch den Absender bei der Post-Anstalt des Aufgabeorts und die Auszahlung an den Adressaten durch die Post-Anstalt am Bestimmungsorte.
III [Zu den Post-Anweisungen werden gedruckte Cartons verwendet, welche von den Post-Anstalten unentgeltlich verabfolgt werden. Ein Brief darf mit der Post-Anweisung nicht vereinigt sein.]32.2.1871[Formulare zu den Postanweisungen können bei allen Postanstalten, sowie bei den Briefträgern und Landbriefträgern bezogen werden. Diese Formulare sind bereits mit der die Postanweisungsgebühr darstellenden Freimarke beklebt. Bei Entnahme der Formulare zu Postanweisungen ist nur der Betrag der aufgeklebten Marken zu entrichten; das Formular selbst wird unentgeltlich geliefert. Auf Wunsch sollen den Correspondenten auch unbeklebte Formulare in Partien von wenigstens 100 Stück verabfolgt werden; in diesen Fällen wird für jedes Hundert der durchschnittliche Selbstkostenpreis berechnet.]
IV Die Angabe des Geldbetrages auf der Post-Anweisung hat in der Regel in der Thalerwährung zu erfolgen, kann jedoch in Gebieten mit Guldenwährung in letzterer stattfinden. Die Thaler- oder Guldensumme muß in Zahlen und in Buchstaben ausgedrückt sein.
V Der der Post-Anweisung angefügte Coupon kann vom Absender zu schriftlichen Mittheilungen jeder Art benutzt werden.
VI Die Gebühr ist vom Absender im Voraus zu entrichten, möglichst durch Verwendung von Postfreimarken.
VII Ueber die Post-Anweisung wird dem Aufgeber ein Einlieferungsschein ertheilt. Die Postverwaltung haftet für den eingezahlten Betrag in demselben Umfange wie für Geldsendungen.
VIII Das Verfahren der Recommandation findet bei dem Postanweisungs-Verkehr keine Anwendung.
IX Postanweisungen mit dem Vermerke "poste restante", so wie solche, welche durch Expressen bestellt werden sollen, sind zulässig.
X Die Auszahlung des angewiesenen Betrages erfolgt, nachdem der Adressat die auf der Postanweisung befindliche Quittung durch Einsetzen des Orts und Datums, so wie durch Hinzufügung seiner Namensunterschrift vollzogen hat, gegen Rückgabe der Post-Anweisung. Der der Post-Anweisung angefügte Coupon kann von dem Adressaten zurückbehalten werden.
XI Findet die Auszahlung in einer andern Währung statt, als derjenigen, auf welche die Post-Anweisung lautet, so ist die Reduction des eingezahlten Betrages Seitens der Post-Anstalt thunlichst genau, jedoch mit der Maßgabe zu bewirken, daß bei der Auszahlung Bruchpfennige oder Bruchkreuzer unberücksichtigt bleiben.
XII Die Erhebung des Geldbetrages bei der Post-Anstalt am Bestimmungsorte muß spätestens innerhalb 14 Tage, vom Tage der Aushändigung der Post-Anweisung an den Adressaten gerechnet, erfolgen.
Andernfalls wird die Rückzahlung des Geldes an den Aufgeber eingeleitet, oder, so fern derselbe nicht zu ermitteln ist, das für unbestellbare Sendungen vorgeschriebene Verfahren zur Anwendung gebracht.
XIII Stehen der Post-Anstalt am Bestimmungsorte die erforderlichen Geldmittel augenblicklich nicht zur Verfügung, so kann die Auszahlung erst verlangt werden, nachdem die Beschaffung der Mittel erfolgt ist.
XIV Unbestellbare Post-Anweisungen werden zum Abgangsorte zurückgesandt. Der Betrag der Post-Anweisung wird dem Absender, sobald derselbe zu ermitteln ist, zurückgezahlt.
XV [In Städten, wo eine besondere Stadtpost-Einrichtung besteht, werden Post-Anweisungen für Adressaten im Orts-Bestellbezirke ebenfalls unter den vorbezeichneten Bedingungen angenommen. Post-Anweisungen aus einem Post-Orte nach dem zugehörigen umliegenden Land-Bestellbezirke sind im Allgemeinen nicht zulässig; in so fern bei einzelnen Post-Anstalten die Annahme bisher gestattet war, kann es dabei bis auf Weiteres sein Bewenden behalten.]3.21871[]
XVI Wenn dem Adressaten eine Post-Anweisung abhanden kommen sollte, so hat derselbe der Post-Anstalt am Bestimmungsorte von dem Verluste rechtzeitig Mittheilung zu machen. Von der Ankunfts-Post-Anstalt wird alsdann bei etwaiger Vorlegung der vom Adressaten als verloren angegebenen Anweisung die Zahlung bis auf Weiteres ausgesetzt. Es ist Sache des Adressaten, durch Vermittelung des Absenders bei der Aufgabe-Post-Anstalt die Uebersendung eines vom Absender auszufertigenden Duplicats der fraglichen Post-Anweisung Behufs Erhebung des eingezahlten Betrages zu erwirken. Bei der Einlieferung des Duplicats muß der bei der Aufgabe der abhanden gekommenen Post-Anweisung ertheilte Einlieferungsschein von dem Aufgeber vorgelegt werden. Die Uebersendung des Duplicats vom Aufgabe- nach dem Bestimmungsorte erfolgt kostenfrei.

§. 18. Depeschen-Anweisungen.
I Auf Post-Anweisungen eingezahlte Beträge können auf Verlangen des Absenders durch die Post-Anstalt am Aufgabeorte auf telegraphischem Wege der Post-Anstalt am Bestimmungsorte zur Auszahlung überwiesen werden, wenn sowohl am Aufgabe- als auch am Bestimmungsorte eine dem öffentlichen Verkehr dienende Telegraphen-Station sich befindet.
II Im Falle ein solches Verlangen ausgesprochen wird, liegt die Ausfertigung des Telegramms, vemittelst dessen die Ueberweisung erfolgt, der Post-Anstalt des Aufgabe-Orts ob. Wünscht der Absender durch dieses Telegramm weitere, auf die Verfügung über das Geld bezügliche Mittheilungen zu machen, so muß er diese der Post-Anstalt am Aufgabeorte schriftlich übergeben, welche sie in das abzulassende Telegramm mit aufnimmt.
III Die Post-Anstalt des Bestimmungsorts hat gleich nach dem Empfang der Ueberweisungs-Depesche dieselbe dem Adressaten durch einen expressen Boten zuzustellen. Die Auszahlung des angewiesenen Betrages erfolgt gegen Rückgabe der mit der Quittung des Empfängers versehenen Ueberweisungs-Depesche.
IV Die Telegraphen-Stationen können ermächtigt werden, in Vertretung der Post-Anstalten Beträge auf Post-Anweisungen, welche  auf telegraphischem Wege überwiesen werden sollen, von der Absendern entgegen zu nehmen oder am Bestimmungsorte auszuzahlen.

§. 19. Postvorschuß-Sendungen.
I Die Postverwaltung übernimmt es, Beträge bis zur Höhe von 50 Thalern oder sieben und achtzig und einen halben Gulden von dem Adressaten einzuziehen und an den Absender auszuzahlen. (Vorschußsendungen. Nachnahmesendungen. Postvorschüsse.)
II Nachnahmen von Transport-Auslagen und Spesen, welche auf Sendungen haften, sind auch zu einem höheren Betrage als 50 Thlr. oder 87½ Gulden zulässig.
III Sendungen, auf welchen ein Postvorschuß (Nachnahme) haftet, müssen auf der Adresse den Vorschußbetrag mit den Worten:
"Vorschuß (Nachnahme) von ..............."
enthalten. Die Angabe des Vorschußbetrages hat in der Regel in der Thalerwährung zu erfolgen, kann jedoch in Gebieten mit Guldenwährung letzterer stattfinden. Die Thaler- oder Guldensumme muß in Zahlen und in Buchstaben ausgedrückt sein.
IV Die Entnahme von Postvorschüssen auf recommandirte Sendungen ist unstatthaft. Wenn Postvorschüsse auf Drucksachen oder auf Waarenproben entnommen werden, so unterliegen dergleichen Sendungen demselben Porto wie gewöhnliche Briefe mit Postvorschuß. [Postvorschußsendungen an Adressaten im Bestellbezirke der Aufgabe-Post-Anstalt sind im Allgemeinen nicht zulässsig; in so fern bei einzelnen Post-Anstalten die Annahme derartiger Sendungen an Adressaten in dem umliegenden Land-Bestellbezirke bisher gestattet war, kann es bis auf Weiteres sein Bewenden behalten.]3.2.1871[]
V Sofern nicht bei Einlieferung der Sendung die Zahlung des Vorschusses erfolgt, erhält der Absender bei der Aufgabe eine Bescheinigung, daß der Betrag des Vorschusses ausgezahlt werden solle, sobald die Sendung von dem Adressaten eingelöst worden sei.
VI Eine Vorschußsendung darf nur gegen Berichtigung des Vorschußbetrages ausgehändigt werden. Findet die Einziehung des Vorschußbetrages in einer anderen Währung statt, als derjenigen, in welcher der Vorschuß entnommen ist, so ist die Reduction des Vorschußbetrages seitens der Post-Anstalt thunlichst genau, jedoch mit der Maßgabe zu bewirken, daß bei der Einziehung Bruchpfennige oder Bruchkreuzer auf volle Pfennige oder Kreuzer abgerundet werden. Eine Vorschußsendung muß spätestens 14 Tage, nach dem Eingange, der Post-Anstalt am Aufgabeorte zurückgesandt werden, wenn sie innerhalb dieser Frist nicht eingelöst wird. Dieses gilt auch von Vorschußsendungen mit dem Vermerke "poste restante."
VII Die Zurückgabe der nicht eingelösten Vorschußsendung erfolgt an den legitimirten Absender unter Einforderung der im Falle der Reservierung des Postvorschusses ertheilten Bescheinigung. Ist es eine Sendung mit declarirtem Werthe, so kommen insbesondere noch die Vorschriften des § 37 in Anwendung.
VIII Erst durch die Einlösung einer Vorschußsendung erwächst der Aufgabe-Post-Anstalt die Verbindlichkeit zur Auszahlung des Vorschußbetrages. Von der erfolgten Einlösung muß der Post-Anstalt am Aufgabeorte mit nächster Post Nachricht gegeben werden, und diese zahlt hierauf den Vorschußbetrag an denjenigen aus, welcher die Bescheinigung über Reservierung des Vorschusses zurückgiebt. Die Post-Anstalt ist berechtigt, aber nicht verpflichtet, die Legitimation desjenigen zu prüfen, welcher den Schein präsentirt.
IX Wird eine Vorschußsendung, auf welche der Betrag des Vorschusses an den Absender gezahlt worden ist, Seitens des Adressaten nicht eingelöst, so muß der Absender den erhobenen Betrag zurückzahlen.
X Die Postvorschuß-Gebühr ist auch dann zu entrichten, wenn der Adressat die Vorschußsendung nicht einlösen sollte.
XI Eine Vorauszahlung des Portos und der Gebühr ist nicht nothwendig; doch kann die Zahlung nicht getrennt erfolgen.

§. 20. Durch Expressen zu bestellende Sendungen.
I Sendungen, welche sogleich nach der Ankunft dem Adressaten besonders zugestellt werden sollen, müssen auf der Adresse einen Vermerk tragen, welcher unzweideutig das Verlangen ausdrückt, daß die Bestellung an den Adressaten sogleich nach der Ankunft durch besonderen Boten erfolgen solle. Hieher sind beispielsweise folgende Vermerke zu rechnen:
"durch Expressen zu bestellen",
"per express"
"per express zu bestellen",
"per express zu befördern",
"durch besonderen Boten zu bestellen,"
"sofort zu bestellen."
Bezeichnungen, wie cito, citissime, pressant, eilig etc., sind nicht als Verlangen der Express-Bestellung ausdrückend anzusehen.
II Recommandirte Sendungen werden den Expreß-Boten stets mitgegeben. Packete, so wie Sendungen mit declarirtem Werthe, dessen expresse Bestellung von dem Absender verlangt ist, werden nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmung dem Adressaten besonders zugestellt:
1) Bei Expreß-Bestellung im Orts-Bestellbezirke der Post-Anstalt:
Packete ohne Werths-Declaration bis zum Gewichte von 5 Pfund, so wie Sendungen mit declarirtem Werthe bis zum Betrage von 50 Thalern oder 87½ Gulden und bis zum Gewichte von 5 Pfund werden dem Adressaten durch Expreß-Boten in die Wohnung bestellt, so weit nicht etwa zollamtliche Vorschriften entgegenstehen.
Bei Sendungen mit declarirtem Werthe von mehr als 50 Thlr. oder 87½ Gulden, so wie bei Packeten im Gewichte von mehr als 5 Pfund erstreckt sich die Verpflichtung der Postverwaltung zur expressen Bestellung in die Wohnung des Adressaten nur auf des Formular zum Ablieferungsschein oder den Begleitbrief.
2) Bei Expreß-Bestellungen nach dem Land-Betellbezirke der Post-Anstalt:
Die Verpflichtung der Postverwaltung zur expressen Bestellung in die Wohnung des Adressaten erstreckt sich auf das Formular zum Ablieferungsschein oder den Begleitbrief, und auf Packete ohne declarirten Werth bis zum Gewichte von 5 Pfund, sowie auf Sendungen im declarirten Einzelwerthe von 5 Thalern oder 8¾ Gulden und bis zum Gewichte von 5 Pfund.
III Bei Expreß-Post-Anweisungen nach dem Orts-Bestellbezurke der Post-Anstalt werden die Geldbeträge bis zu 50 Thalern oder 87½ Gulden, nach dem Land-Bestellbezirke dagegen bis zu 5 Thalern oder 8¾ Gulden dem Expreß-Boten mitgegeben.
IV Mit der Annahme von Briefen und sonstigen Sendungen zur expressen Bestellung an Adressaten, die im Orts- oder im Land-Bestellbezirke der Aufgabe-Post-Anstalt wohnen, haben die Post-Anstalten sich nicht zu befassen. [Eben so wenig haben die Post-Anstalten Versendungen mittelst espresser Boten nach solchen Orten zu besorgen, an welchen sich ebenfalls eine Post-Anstalt befindet.]25.2.1871[Auf Verlangen der Absender kann die expresse Bestellung von Postsendungen, welche einer Postanstalt von weiterher zugehen und nach einem andern Postorte gerichtet sind, gegen das reglementsmäßige Expreßbotenlohn stattfinden, wenn die Entfernung zwischen den beiden Postorten nicht über 2 Meilen beträgt.]
V Das Botenlohn für die expresse Bestellung kann nach Gutbefinden des Absenders vorausbezahlt oder dessen Zahlung dem Adressaten überlassen werden. In allen Fällen muß jedoch der Absender für die Berichtigung der Bestellgebühr haften.

Die Beschränkung der Mitnahme von Geldbeträgen im Landbestellbezirk auf 5 Taler (8¾ Fl.) wird ab 1.6.1870 aufgehoben. (Verf. 66 vom 25.Mai 1870

§. 21. Behandlung reglementswidrig beschaffener Sendungen.
I Alles, was nicht den vorstehenden Bestimmungen gemäß adressirt, signirt, verpackt und verschlossen ist, kann dem Absender zur vorschriftsmäßigen Adressirung, Signirung, Verpackung und Verschließung zurückgegeben werden.
II Verlangt jedoch der Einlieferer, der ihm geschehenen Bedeutung ungeachtet, die Beförderung der Sendung in ihrer mangelhaften Beschaffenheit, so muß solche in so weit geschehen, als aus den gerügten Mängeln ein Nachtheil für andere Postgüter oder eine Störung der Ordnung im Dienstbetriebe nicht zu befürchten ist, der Einlieferer auch auf Ersatz und Entschädigung verzichtet und diese Verzichtleistung auf der Adresse durch die Worte: "auf meine Gefahr" ausdrückt und unterschreibt. Wird über die Sendung ein Einlieferungsschein ertheilt, so hat die Post-Anstalt über die Verzichtleistung des Absenders auf dem Scheine einen Vermerk zu machen. Es wird alsdann im Falle eines Verlustes oder Schadens vermuthet, daß derselbe in Folge jener Mängel entstanden ist.
III Ist aber auch die Annahme der Sendung wegen mangelhafter Beschaffenheit nicht beanstandet worden, so hat dennoch der Absender alle die Nachtheile zu vertreten, welche erweislich aus einer vorschriftswidrigen Adressirung, Signirung, Verpackung und Verschließung hervorgegegangen sind.

§. 22. Ort der Einliefereung.
I Die Einlieferung der Briefe, Gelder, Packete und sonstigen Sendungen muß bei den Post-Anstalten an denjenigen Beamten geschehen, welcher an der Annahmestelle den Dienst verrichtet.
II Nur gewöhnliche unfrankirte Briefe, in so fern sie dem Francozwange nicht unterliegen, ingleichen solche gewöhnlichen Briefe, Drucksachen und Waarenproben, für welche das Porto durch aufgeklebte Postfreimarken oder gestempelte Brief-Couverts entrichtet ist (§ 39 Abs. VI.), können in die Briefkasten gelegt und auch den Conducteuren, Postillonen, Postfußboten (Beförderern der Botenposten) und Land-Briefträgern, wenn dieselben sich unterwegs im Dienst befinden, übergeben werden.

Ab 1.6.1870 können den Landbriefträgern auch Postanweisungen, Sendungen mit Werthsdeclaration und Postvorschußsendungen im Einzelnen bis zum Betrage von 50 Thalern oder 87½ Gulden mitgegeben werden. (Verf. 66 vom 25.5.1870)


§. 23. Zeit der Einlieferung.
I Die Einlieferung muß während der Dienststunden der Post-Anstalten und, wenn die Versendung des eingelieferten Gegenstandes mit der nächsten dazu geeigneten Post erfolgen soll, noch vor der Schlußzeit dieser Post geschehen.
a) Dienststunden
II Die Dienststunden der Post-Anstalten für den Verkehr mit dem Publicum sind:
1) in dem Sommer-Halbjahr (vom 1. April bis letzten September) von 7 Uhr Morgens bis 1 Uhr Mittags,
2) in dem Winter-Halbjahr (vom 1. October bis letzten März) von 8 Uhr Morgens bis 1 Uhr Mittags,
3) zu allen Jahreszeiten von 2 Uhr Nachmittags bis 8 Uhr Abends.
III An Sonntagen fallen die Dienststunden von 9 Uhr Morgens bis 5 Uhr Nachmittags aus. An solchen gesetzlichen Festtagen, welche nicht auf einen Sonntag treffen, werden die Dienststunden in der Weise beschränkt, daß in der Zeit von 9 Uhr Morgens bis 5 Uhr Nachmittags, sowohl des Vormittags, als auch des Nachmittags zwei Stunden ausfallen, in der Zwischenfrist aber mindestens während zwei Stunden der Dienstverkehr mit dem Publicum ununterbrochen stattfindet. Die ausfallenden Stunden werden für jede Post-Anstalt durch die vorgesetzte Ober-Post-Direction beziehungsweise durch die mit deren Function beauftragte Postbehörde besonders bestimmt. Die getroffenen Festsetzung muß zur Kenntniß des Publicums gebracht werden.
IV Die Ober-Post-Directionen beziehungsweise die mit deren Functionen beauftragten Postbehörden sind ermächtigt:
1) bei einzelnen Post-Anstalten die vorstehend unter 1, 2 und 3 genannten Dienststunden eine größere Ausdehnung  zu geben, wobei aber von den Bestimmungen wegen Beschränkung der Dienststunden an Sonn- und gesetzlichen Festtagen nicht abgewichen werden darf;
2) in Ansehung solcher Post-Expeditionen, welche durch einen allein stehenden Beamten verwaltet werden, die Dienststunden in so weit zu beschränken, als es zur Erleichterung des alleinstehenden Beamten nothwendig und in Beziehung auf den Postenlauf ohne Gefährdung der Interessen des Publicums zulässig ist;
3) in Fällen eines vorübergehenden außerordentlichen Verkehrs-Bedürfnisses Abweichungen von den obigen Festsetzungen wegen Beschränkung der Dienststunden an Sonn- und gesetzlichen Festtagen zeitweise nachzulassen.
V In so fern bei einer Post-Anstalt eine Einrichtung besteht, welche von den vorstehenden, in Bezug auf die Dienststunden, sei es an den Sonn- und gesetzlichen Festtagen, sei es an den Wochentagen, als Norm gültigen Bestimmungen abweicht, kann es dabei bis auf Weiteres sein Bewenden behalten.
VI Ausdehnungen und Beschränkungen der Dienststunden müssen zur Kenntniß des Publicums gebracht werden.
b) Schlußzeit
VII Die Schlußzeit tritt ein:
1) für Briefe, Drucksachen oder Waarenproben, über welche dem Absender ein Einlieferungsschein nicht zu ertheilen ist:
eine halbe Stunde vor dem planmäßigen Abgange der Post,
und bei Posten, welche den Ort passiren,
eine halbe Stunde vor dem planmäßigen Weitergange der Post.
Bei Bahnhofs-Post-Expeditionen tritt für die bezeichneten Gegenstände die Schlußzeit erst fünf Minuten vor dem planmäßigen Abgange des betreffenden Zuges ein; auch können diese Gegenstände, wenn sie dazu geeignet sind, bis unmittelbar vor dem Abgang des Zuges in die an den Eisenbahn-Postwagen angebrachten Briefkasten gelegt werden;
2) für recommandirte Sendungen und für Post-Anweisungen:
eine Stunde vor dem planmäßigen Abgange der Post,
und bei Posten, welche den Ort passiren,
eine Stunde vor dem planmäßigen Weitergange der Post;
3) für Packete mit oder ohne Werths-Declaration, für Briefe mit declarirtem Werthe und für Briefe mit Postvorschüssen:
zwei Stunden vor dem planmäßigen Abgange der Post.
und bei Posten, welche den Ort passiren,
zwei Stunden vor dem planmäßigen Weitergange der Post.
VIII Bei Post-Transporten auf Eisenbahnen werden diese Schlußzeiten um so viel verlängert, als erforderlich ist, um die Gegenstände von der Post-Anstalt nach dem Bahnhofe zu transportiren und auf dem Bahnhofe selbst überzuladen.
IX Die Ober-Post-Directionen beziehungsweise die mit deren Functionen beauftragten Postbehörden sind verpflichtet, wo die Umstände es gestatten, insbeondere bei den Bahnhofs-Post-Expeditionen, die Schlußzeiten so viel als thunlich abzukürzen. Zu jeder Verlängerung der Schlußzeiten ist die Genehmigung der obersten Postbehörde erforderlich.
X Dergleichen Maßregeln müssen zur Kenntniß des Publicums gebracht werden.
XI Bei Posten, die außerhalb der gewöhnlichen Dienststunden abgehen, bildet der Ablauf der Dienststunden die Schlußzeit, in so fern nicht, nach Maßgabe des Abganges der Post, die Schlußzeit nach den vorstehenden Festsetzungen früher eintritt.
XII Die an den Dienst-Localen der Post-Anstalten befindlichen Briefkasten müssen bei Eintritt der Schlußzeit jeder Post und zu den außerhalb der gewöhnlichen Dienststunden abgehenden Posten auch noch vor deren Abgang geleert werden. Bei Sendungen, welche in Briefkasten fern vom Postdienst-Local gelegt werden, ist auf Mitbeförderung mit der zunächst abgehenden Post nur in so weit zu rechnen, als die Sendungen nach der gewöhnlichen Zeit der Leerung der Kasten vor Schluß der betreffenden Posten zum Postdienst-Local gelangen. Zu welchen Zeiten die Briefkasten regelmäßig geleert werden, ist zur Kenntniß des Publicums zu bringen.

§. 24. Frankirungs-Vermerk. Nicht oder ungenügend mit Marken frankirte Briefe nach Ländern, wohin Frankirungszwang besteht.
I Briefe u. s. w., auf deren Adresse der Frankirungs-Vermerk (frei, franco, fr. etc.) durchstrichen radirt oder abgeändert ist, sind bei der Annahme zurückzuweisen. Wenn derartig beschaffenen Briefe, oder Briefe  mit dem Frankirungs-Vermerke, für welche das Porto durch Freimarken oder Franco-Couverts nicht entrichtet worden ist, im Briefkasten vorgefunden werden, so wird die Ungültigkeit des Frankirungs-Vermerks amtlich attestirt, und die Briefe als unfrankirt behandelt.
II Wenn Briefe nach Ländern, wohin Frankirungszwang besteht, von den Absendern unfrankirt oder ungenügend frankirt in die Briefkasten gelegt worden sind, so werden diese Briefe nicht abgesandt, sondern am Aufgabeorte zurückbehalten und dem zu ermittelnden Absender Behufs der Frankirung zurückgegeben.

§. 25. Einlieferungsschein.
I In allen denjenigen Fällen, in welchen nach den vorangegangenen Bestimmungen die geschehene Einlieferung durch einen von der Post-Anstalt zu ertheilenden Einlieferungsschein zu bescheinigen ist, darf sich der Einlieferer nicht entfernen, ohne den Einlieferungsschein in Empfang genommen zu haben, widrigenfalls und in so fern die geschehene Einlieferung nicht aus den Büchern oder Karten ersichtlich ist, dieselbe für nicht geschehen erachtet werden muß.

§. 26. Speditions-Weg und Ablieferungs-Post-Anstalt.
I Wie die Postsendungen zu spediren sind, und durch welche Post-Anstalt die Ablieferung derselben an den Adressaten zu erfolgen hat, wird von der Postbehörde bestimmt.

§. 27. Zurückforderung von Postsendungen durch den Absender.
I Die zur Post eingelieferten Sendungen können von dem Absender vor deren Zustellung an den Adressaten zurückgenommen werden.
II Die Zurücknahme kann erfolgen am Orte der Aufgabe oder am Bestimmungsorte, ausnahmsweise auch, in sofern dadurch keine Sörung des Expeditions-Dienstes herbeigeführt wird, an einem unterwegs gelegenen Umspeditions-Orte.
III Zur Zurückforderung und Zurücknahme wird derjenige für legitimirt erachtet, der den Einlieferungsschein, wenn aber ein solcher nicht ertheilt ist, die Petschaft, mit welcher der Brief oder das Packet versiegelt worden ist, und ein von derselben Hand, von welcher die Original_Adresse der Sendung geschrieben ist, geschriebenes Duplicat der Adresse vorzeigt.
IV Die Zurückgabe erfolgt im ersteren Falle gegen Zurückgabe des Einlieferungsscheins, wenn aber ein solcher nicht ertheilt ist, gegen Auslieferung eines von dem Siegel zu nehmenden Abruckes und des Duplicats der Adresse.
V Ist die Sendung bereits abgegangen, so hat derjenige, welcher dieselbe zurückfordert, den Gegenstand bei der Post-Anstalt des Abgangsorts schriftlich so genau zu bezeichnen, daß derselbe unzweifelhaft als der reclamirte zu erkennen ist. Die gedachte Post-Anstalt fertigt das Reclamations-Schreiben aus, welchem die betreffenden Post-Anstalten Folge zu leisten haben.
VI Soll die Zurückforderung auf telegraphischem Wege geschehen, so darf eine desfallsige Depesche nicht abgesandt, oder derselben Folge gegeben werden, wenn nicht die Post-Anstalt des Aufgabeorts amtlich bescheinigt hat, daß der Absender sich als zur Rückforderung berechtigt bei derselben legitimirt habe; daß dies geschehen, muß in der Depesche bemerkt sein.
VII Ist die Sendung noch nicht abgegangen, so wird von der Post-Anstalt das baar erlegte Franco, nicht aber das durch Marken entrichtete Franco zurückgegeben. Ist die Sendung durch Marken frankirt, so bleibt dem Absender überlassen, sich wegen Erstattung des betreffenden Betrages an die Ober-Post-Direction des Bezrks beziehungsweise an die mit deren Functionen beauftragte Postbehörde zu wenden.
VIII Ist die Sendung bereits abgesandt, so hat der Absender das Porto u. s. w. wie für eine gewöhnliche Retour-Sendung zu entrichten, und zwar bei Packeten und bei Sendungen mit declarirtem Werthe, so wie bei Briefen mit Postvorschüssen bis zu und von dem Orte, von wo der Gegenstand zurückgesandt wird.

§. 28. Aushändigung von Postsendungen an den Adressaten an Umspeditions-Orten.
I Auf Verlangen eines gehörig legitimirten Adressaten kann, so fern im einzelnen Falle keine dem Beamten bekannten Bedenken entgegenstehen, die Aushändigung einer Sendung an den Ersteren auch an einem Umspeditions-Orte stattfinden, wenn dadurch keine Störung des Expeditions-Dienstes herbeigeführt wird.
II Ist die Sendung bei der Aufgabe frankirt, oder das Porto in einer Postkarte bereits berechnet, so hat es hierbei zu bewenden; im entgegengesetzten Falle wird das Porto nach Maßgabe der wirklich stattgehabten Beförderung berechnet.

§. 29. Herstellung des Verschluses und Eröffnung der Sendungen durch die Postbeamten.
I Hat das Siegel oder der anderweite Verschluß einer Sendung sich gelöst, so wird derselbe von dem Postbeamten unter Beidrückung des Postsiegels und Hinzufügung der Namensunterschrift des betreffenden Postbeamten wieder hergestellt.
II Ist durch die gänzliche Lösung des Siegels oder anderweitigen Verschlusses einer Sendung mit baarem Gelde oder mit geldwerthen Papieren die Herausnahme des Gegenstandes der Sendung möglich geworden, so wird vor Herstellung des Verschlusses erst festgestellt, ob der declarirte Betrag der Sendung noch vorhanden ist.
III Bei Post-Anstalten, bei welchen zwei oder mehrere Beamte zugleich im Dienste anwesend sind, wird zur Herstellung des Verschlusses und beziehungsweise zur Feststellung des Inhalts sofort ein zweiter Beamter als Zeuge hizugerufen. Ist ein zweiter Beamte nicht im Dienste, jedoch ein Postunterbeamte zugegen, so wird dieser als Zeuge hinzugezogen.
IV Hat nach den vorstehenden Bestimmungen ein anderweiter Verschluß der Sendung durch Postbeamte stattgefunden, so ist - wenn es sich um Briefe mit declarirtem Werthe oder um Packete mit oder ohne Werths-Declaration handelt - bei Ankunft der Sendung am Bestimmungsorte der Adressat davon in Kenntniß zu setzen und zu ersuchen, zur Eröffnung der Sendung in Gegenwart eines Pstbeamten im Post-Büreau innerhalb der zu bestimmenden Frist sich einzufinden. Leistet der Adressat diesem Ersuchen keine Folge, oder verzichtet derselbe ausdrücklich auf Eröffnung der Sendung, so ist mit deren Bestellung und Aushändigung nach Maßgabe der folgenden Vorschriften zu verfahren. Etwaige Erinnerungen, welche der erschienene Adressat bei Eröffnung der Sendung gegen deren Inhalt erhebt, sind in die Verhandlung aufzunehmen, durch welche der Befund festgestellt wird.
V Die Postbeamten müssen sich jeder über den Zweck der Eröffnung hinausgehenden Einsicht der Sendung enthalten, auch muß über die geschehenen Eröffnung eine Verhandlung aufgenommen werden, in welcher die Veranlassung der Maßregel, der Hergang derselben und der Erfolg anzugeben sind.
VI Sendungen mit Drucksachen oder Waarenproben (§§ 14 und 15.)  zum Zwecke der Controlle zu öffnen und einzusehen, sind die Postbeamten auch ohne weiteres Verfahren befugt.

§. 30. Umfang der Verbindlichkeit der Postverwaltung in Ansehung der Bestellung, so wie Umfang der Annahme von Gegenständen nach dem Bestellbezirke der Aufgabe-Post-Anstalt.
I Die Verbindlichkeit der Postverwaltung des Norddeutschen Bundes, die angekommenen Gegenstände dem Adressaten ins Haus senden (bestellen) zu lassen, erstreckt sich:
1) auf gewöhnliche und recommandirte Briefe,
2) auf gewöhnliche und recommandirte Drucksachen und Waarenproben,
3) auf Post-Anweisungen,
4) auf Begleitbriefe zu Packeten ohne Werts-Declaration,
5) auf Formulare zu den Ablieferungsscheinen über Briefe und Packete, deren Werth declarirt ist.
II So weit die Postverwaltung die Bestellung nicht übernimmt, müssen Briefe mit declarirtem Werthe, Packete mit declarirtem Werthe nebst ihren Begleitbriefen und ferner die baar eingezahlten Beträge auf Grund des Ablieferungsscheins (der Post-Anweisung), Packete ohne declarirten Werth dagegen auf Grund des behändigten Begleitbriefes von der Post abgeholt werden.
III [An denjenigen Orten, wo besondere Einrichtungen zur Annahme und Bestellung solcher Briefe u. s. w., welche für den Ort selbst bestimmt sind (Stadtbriefe), bestehen, werden für den Stadtpost-Verkehr (Orts-Bestellbezirk) angenommen:
gewöhnliche Briefe, Drucksachen, Waarenproben, recommandirte Sendungen, Post-Anweisungen bis zum Betrage von 50 Thalern oder 87½ Gulden und Briefe mit declarirtem Werthe bis zum Betrage von 50 Thalern oder 87½  Gulden.
IV Auch an Orten, wo eine besondere Stadtpost-Einrichtung nicht besteht, müssen die Post-Anstalten gewöhnliche Briefe, Drucksachen, Waarenproben, so wie recommandirte Sendungen zur Distribution im Orts-Bestellbezirke annehmen.
V An Einwohner im Land-Bestellbezirke der Aufgabe-Post-Anstalt werden angenommen:
a) wenn der Adressat erklärt hat, die für ihn bestimmten Sendungen abholen zu lassen: gewöhnliche Briefe, Drucksachen und Waarenproben, sowie recommandirte Sendungen;
b) wenn der Adressat die Abholung der Sendungen nicht erklärt hat: gewöhnliche Briefe, Drucksachen und Waarenproben, sowie recommandirte  Sendungen, ferner Packete ohne Werths-Declaration bis zum Gewichte von 5 Pfund und Sendungen mit declarirtem Werthe bis zum Betrage von 50 Thalern oder 87½ Gulden und bis zum Gewichte von 5 Pfund.
Wegen der Post-Anweisungen siehe § 17 und wegen der Postvorschüsse sie § 19.
VI Die in den vorstehenden Abs. I bis V. angegebenen Bestimmungen sind in Betreff des Umfangs der Verbindlichkeit der Postverwaltung in Ansehung der Bestellung, beziehungsweise hinsichtlich der Besorgung von Gegenständen nach dem Orts- oder Land-Bestellbezirke der Aufgabe-Postanstalt, als Norm anzusehen. Bei denjenigen Post-Anstalten, bei welchen hiervon abweichende Vorschriften bestehen, können dieselben vorerst noch beibehalten werden.]3.2.1871[An Einwohner im Orts- oder Landbestellbezirke der Aufgabe-Postanstalt werden Postsendungen in gleichem Umfange wie an Adressaten im Bereiche anderer Postorte angenommen.]
VII Wo von einer Commune Anordnungen getroffen sind, nach welchen von Conducteuren und Postillonen gewöhnliche Briefe, Drucksachen und Waarenproben, ferner Zeitungen unterwegs abgegeben werden, kann es dabei bis auf Weiteres sein Bewenden behalten.

§. 31. Zeit der Bestellung.
I Die Postbehörde bestimmt, wie oft täglich und in welchen Fristen die Orts-Briefträger die eingegangenen Briefe u. s. w. zu bestellen, und an welchen Tagen die Land-Briefträger Bestellungen nach Orten, an welchen sich Post-Anstalten nicht befinden, zu bewirken haben.
II Die nach dem Verlangen der Absender "durch Expressen" zu bestellenden Gegenstände (§ 20.) müssen in allen Fällen, auch wenn sie zur Nachtzeit eintreffen, ohne Verzug bestellt werden, so fern nicht vom Absender oder Adressaten ein Anderes ausdrücklich bestimmt ist.
III Sendungen mit dem Vermerk auf der Adresse: "poste restante" werden bei der Post-Anstalt des Bestimmungsorts einstweilen aufbewahrt und dem Adressaten behändigt, wenn sich derselbe zur Empfangnahme meldet und auf Erfordern legitimirt.

§. 32. An wen die Bestellung geschehen muß.
I Die Bestellung seitens der Norddeutschen Post-Anstalten erfolgt an den Adressaten selbst oder an dessen legitimirten Bevollmächtigten. Der Adressat, welcher einen Dritten zur Empfangnahme der an ihn zu bestellenden Gegenstände bevollmächtigen will, muß die Vollmacht schriftlich ausstellen und in dieser die Gegenstände genau bezeichnen, zu deren Empfangnahme der Bevollmächtigte befugt sein soll. Die Unterschrift des Machtgebers unter die Vollmacht muß, wenn deren Richtigkeit nicht ganz außer Zweifel steht, wenigstens von dem Gemeinde- oder Bezirks-Vorsteher oder einem andern Beamten, welcher zur Führung eines amtlichen Siegels berechtigt ist, unter Beidrückung desselben, beglaubigt sein, und es muß die Vollmacht bei der Post-Anstalt, welche die Bestellung ausführen läßt, niedergelegt werden.
II Ist außer dem Adressaten noch ein Anderer, wenn auch nur zur näheren Bezeichnung der Wohnung des Adressaten, auf der Adresse genannt, z. B. N. N. bei N. N., so ist dieser zweite Adressat auch ohne ausdrückliche Ermächtigung als Bevollmächtigter des Adressaten zur Empfangnahme von gewöhnlichen Briefen, Drucksachen und Waarenproben anzusehen. Ist ein Gasthof als Wohnung des Adressaten auf der Adresse angegeben, so kann die Bestellung dieser Gegenstände an den Gastwirth auch in dem Falle erfolgen, wenn der Adressat noch nicht eingetroffen ist. Wegen der Bezeichnungen "zu Händen des" und "abzugeben an" siehe am Schlusse des Abs. VI.
III Wird der Adressat oder dessen nach vorstehenden Bestimmungen legitimirter Bevollmächtigter in seiner Wohnung nicht angetroffen, oder wird dem Briefträger oder Boten der Zutritt zu ihm nicht gestattet, so erfolgt die Bestellung
der gewöhnlichen Briefe, Drucksachen und Waarenproben
an einen Haus- oder Comtoir-Beamten, ein erwachsenes Familienmitglied oder sonstigen Angehörigen oder an einen Dienstboten des Adressaten beziehungsweise des Bevollmächtigten desselben, oder an den Portier des Hauses. Wird niemand angetroffen, an den hiernach die Bestellung geschehen kann, so erfolgt dieselbe an den Hauswirth oder an den Miether einer Wohnung im Hause.
IV Die Bestellung der Begleitbriefe zu Packeten ohne Werths-Declaration (§ 30 Abs. 1.) beziehungsweise der Packete selbst, erfolgt, wenn der Adressat oder dessen legitimirter Bevollmächtigter nicht angetroffen wird, an einen Haus- oder Comtoir-Beamten, ein erwachsenens Familienmitglied oder einen sonstigen Angehörigen des Adressaten beziehungsweise des Bevollmächtigten desselben. Unterhält der Adressat oder der Bevollmächtigte keinen eigenen Hausstand, so darf in seiner Abwesenheit die Aushändigung auch an den Wohnungsgeber oder ein erwachsenes Familienmitglied desselben stattfinden.
V Die Bestellung der Begleitbriefe zu Packeten ohne declarirten Werth beziehungsweise der Packete selbst an Militair-Personen oder an Zöglinge von Erziehung-Anstalten, Pensionaten etc. erfolgt auf Grund der mit den Militair-Behörden und den Vorstehern der Erziehungs-Anstalten getroffenen besonderen Abkommen an die von den Militair-Behörden resp. den Anstalts-Vorstehern beauftragten Personen.
VI Die Behändigung an dritte Personen ist unzulässig, wenn es sich um die Bestellung von
1) recommandirten Sendungen (§ 16.),
2) Post-Anweisungen (§ 17.),
3) Depeschen-Anweisungen (§ 18.),
4) Formularen zu Ablieferungsscheinen (§ 30 Abs. 1)
handelt, vielmehr müssen diese Gegenstände stets an den Adressaten oder dessen legitimirten Bevollmächtigten selbst bestellt werden. Lautet die Adresse: "An A. zu Händen des B." oder: "An A. abzugeben an B.", so muß die Bestellung jedesmal an den zuletzt genannten Adressaten (B.) stattfinden.
VII Die Bestellung recommandirter Sendungen darf nur gegen Empfangsbekenntniß geschehen, und hat der Adressat oder dessen Bevollmächtigter zu diesem Behufe das ihm von dem Briefträger oder Boten vorzulegende Formular zu unterschreiben.
VIII Im Betreff der Behändigung von Expreß-Sendungen, einschließlich der Expreß-Briefe, gelten dieselben Bestimmungen, welche bezüglich der im gewöhnlichen Wege zur Bestellung gelangten Sendungen maßgebend sind.
IX Die in dem gegenwärtigen § 32 angegebenen Bestimmungen sind als Norm anzusehen. Bei denjenigen Post-Anstalten, bei welchen hiervon abweichende Vorschriften bestehen, können dieselben vorerst noch beibehalten werden.

§. 33. Berechtigung des Adressaten zur Abholung der Briefe u. s. w.
I Wenn jemand die im § 30 Abs. I bezeichneten Gegenstände nicht auf die im § 32 bestimmte Weise sich zusenden lassen, sondern von der Post-Anstalt selbst abholen oder abholen lassen will, so kommen die Bestimmungen im § 55 des Gesetzes über das Postwesen des Norddeutschen Bundes vom 2. November 1867 zur Anwendung. Dieselben lauten:
Die Postverwaltung ist für die richtige Bestellung nicht verantwortlich, wenn der Adressat erklärt hat, die an ihn eingehenden Postsendungen selbst abzuholen oder abholen zu lassen. Auch liegt in diesem Falle der Post-Anstalt eine Prüfung der Legitimation desjenigen, welcher sich zur Abholung meldet, nicht ob, so fern nicht auf den Antrag des Adressaten zwischen diesem und der Post-Anstalt ein desfallsiges besonderes Abkommen getroffen worden ist.
Der Adressat, welcher von der Befugniß, seine Postsendungen abzuholen oder abholen zu lassen, Gebrauch machen will, muß solches in einer schriftlicheh Erklärung aussprechen und diese Erklärung, in welcher die abzuholdenden Gegenstände genau bezeichnet sein müssen, bei der Post-Anstalt niederlegen. Die schriftliche Erklärung muß auf die gleiche Weise beglaubigt sein, wie die Vollmacht im Falle des § 32 Abs. 1. Die Aushändigung erfolgt alsdann innerhalb der für den Geschäftsverkehr mit dem Publicum festgesetzten Dienststunden (§ 23).
II Die mit den Posten ankommenden gewöhnlichen Briefe, Drucksachen und Waarenproben müssen für die abholenden Correspondenten eine halbe Stunde nach der Ankunft zur Ausgabe gestellt werden. Eine Verlängerung dieser Frist ist nur mit Genehmigung der obersten Postbehörde zulässig.
III Bei recommndirten Sendungen, so wie bei Briefen und Packeten mit declarirtem Werthe wird zunächst nur das Formular zum Ablieferungsscheine, bei Packeten, deren Werth nicht declarirt ist, der Begleitbrief an den Abholer verabfolgt. Bei Post-Anweisungen wird zunächst nur die Post-Anweisung ohne den Betrag dem Abholer ausgehändigt.
IV Die Bestellung erfolgt jedoch, der abgegebenen Erklärung des Adressaten ungeachtet, auf reglementarischem Wege:
1) wenn der Absender es verlangt und dieses Verlangen auf der Adresse, z.B durch den Vermerk
"durch Expressen zu bestellen" etc.,
ausdrücklich ausgesprochen hat (§ 20);
2) wenn es auf die Bestellung von Verfügungen etc. mit Behändigungsschein (Insinuations-Document) ankommt;
3) wenn der Adressat nicht am Tage nach der Ankunft, oder, wenn er außerhalb des Orts-Bestellbezirks der Post-Anstalt wohnt, nicht innerhalb der nächsten drei Tage den zu bestellenden Gegenstand abholen läßt;
[4) wenn es sich um recommandirte Sendungen an Adressaten im Orts- oder im Land-Bestellbezirke der Aufgabe-Post-Anstalt handelt.]3.2.1871[]

§. 34. Aushändigung der Sendungen nach erfolgter Behändigung der Begleitbriefe und der Formulare zu Ablieferungsscheinen, so wie Auszahlung baarer Beträge.
I Die Aushändigung der Packete ohne Werths-Declaration, so weit dieselben nicht in die Wohnung bestellt werden, erfolgt während der Dienststunden in der Post-Anstalt an denjenigen, welcher sich zur Abholung meldet und den zu dem Packete gehörigen Begleitbrief vorzeigt. Der Begleitbrief wird zum Zeichen der erfolgten Aushändigung des Packets mit dem dazu bestimmten Stempel der Post-Anstalt bedruckt.
II Recommandirte Sendungen, Briefe und Packete, deren Werth declarirt ist, so wie die zu den Packeten mit declarirtem Werthe gehörigen Begleitbriefe, ferner bei Post-Anweisungen die auszuzahlenden Geldbeträge werden, in so fern die Abholung bei der Post erfolgt (§ 33.), an denjenigen ausgehändigt, welcher der Post-Anstalt das über die Sendung sprechende untersiegelte und mit dem Namen des Adressaten unterschriebenen Formular zum Ablieferungsscheine beziehungsweise die unterschriebene Post-Anweisung überbringt und aushändigt.
III Eine Untersuchung über die Aechtheit der Unterschrift und des etwa hinzugefügten Siegels unter dem Ablieferungsscheine etc., so wie eine weitere Prüfung der Legitimation desjenigen, welcher diesen Schein oder Begleitbrif überbringt, liegt der Post-Anstalt, nach § 56 des Gesetzes über das Postwesen des Norddeutschen Bundes vom 2. November 1867, nicht ob. Es ist vielmehr eines Jeden Sache, dafür zu sorgen, daß die vorschriftsmäßig bestellten Formulare zu den Ablieferungsscheinen etc. und die Begleitbriefe nicht von Unbefugten zur Abholung der Sendungen gemißbraucht werden können.
IV Wo die Postverwaltung die Bestellung von Packeten ohne Werths-Declaration und von Sendungen mit declarirtem Werthe übernommen hat, kommen die odigen Bestimmungen nicht zur Anwendung, vielmehr erfolgt alsdann die Aushändigung der Packete ohne Werths-Declaration nach Maßgabe der Vorschriften im § 32 Abs. IV, wogegen die Bestellung der Sendungen mit declarirtem Werthe an den Adressaten selbst oder an dessen legitimirten Bevollmächtigten und, so weit Ablieferungsscheine Anwendung finden, gegen Quittung desselben stattfindet.

§. 35. Nachsendung der Postsendungen.
I Hat der Adressat seinen Aufenthalts- oder Wohnort verändert, und ist sein neuer Aufenthalts- oder Wohnort bekannt, so werden ihm gewöhnliche Briefe, Drucksachen und Waarenproben, ferner recommandirte Sendungen und Post-Anweisungen nachgesendet, wenn er nicht eine andere Bestimmung ausdrücklich getroffen hat.
II Bei Packeten mit oder ohne Werths-Declaration, bei Briefen mit deklarirtem Werthe, so wie bei Briefen mit Postvorschüssen, erfolgt die Nachsendung nur auf ausdrückliches Verlangen des Absenders, oder, bei vorhandener Sicherheit für Porto und Auslagen, auch des Adressaten. Der Adressat ist in solchem Falle von dem Vorliegen einer Sendung amtlich und portofrei in Kenntniß zu setzen.

§. 36. Behandlung unbestellbarer Postsendungen am Bestimmungsorte.
I Postsendungen sind für unbestellbar erachten:
1) wenn der Adresat am Bestimmungsorte nicht zu ermitteln, und die Nachsendung nach vorstehendem § 35 nicht möglich oder nicht zulässig ist;
2) wenn die Annahme verweigert wird;
3) wenn die Sendung mit dem Vermerke "poste restante" versehen ist, und nicht binnen 3 Monaten, vom Tage des Eintreffens gerechnet, von der Post abgeholt wird;
4) wenn es sich um eine Sendung mit Postvorschuß handelt, auch wenn sie mit "poste resante" bezeichnet ist, und die Sendung nicht innerhalb 14 Tage nach ihrer Ankunft am Bestimmungsorte eingelöst worden ist;
5) wenn bei Post-Anweisungen innerhalb 14 Tage nach ihrer Bestellung oder Abholung der Geldbetrag nicht in Empfang genommen worden ist;
6) wenn die Sendung Loose oder Offerten zu einem Glücksspiele enthält, an welchem der Adressat nach den geltenden Landesgesetzen sich nicht betheiligen darf, und wenn eine solche Sendung sofort nach geschehener Eröffnung durch den Adressaten an die Post zurückgegeben wird.
II Bevor in dem Falle ad 1 eine mit einem Begleitbriefe versehene Sendung mit oder ohne Werths-Declaration deshalb als unbestellbar angesehen wird, weil mehrere dem Adressaten gleichbenannte Personen im Orte sich befinden, und der wirkliche Adressat nicht sicher zu unterscheiden ist, muß der Begleitbrief nach dem Aufgabeorte zurückgesandt werden, um dem Absender, wenn derselbe an der äußeren Beschaffenheit des Begleitbriefes erkannt oder sonst auf geeignete Weise ermittelt werden kann, zur näheren Bezeichnung des Adressaten zu veranlassen. Die Uebersendung des Begleitbriefes geschieht zwischen den Post-Anstalten unter Couvert und portofrei.
III Alle anderen Postsendungen sind, wenn sie als offenbar unbestellbar erkannt worden, ohne Verzug nach dem Aufgabeorte zurückzusenden. Nur bei Sendungen, die einem schnellen Verderben unterliegen, muß, so fern nach dem Ermessen der Post-Anstalt des Bestimmungsorts Grund zu der Besorgniß vorhanden ist, daß das Verderben auf dem Rückwege eintreten werde, von der Rücksendung abgesehen werden, und die Veräußerung des Inhalts für Rechnung des Absenders erfolgen.
IV In allen vorgedachten Fällen ist der Grund der Zurücksendung oder eintretenden Falls, daß und weshalb die Veräußerung erfolgt sei, auf dem Begleitbriefe zu vermerken.
V Die zurückzusendenden Gegenstände dürfen nicht eröffnet, müssen vielmehr noch mit dem vom Aufgeber aufgedrückten Siegel verschlossen sein. Eine Ausnahme hiervon tritt nur ein bezüglich der Briefe, welcher von einer Person gleichlautenden Namens irrthümlich geöffnet wurden, und bezüglich der im Abs. I unter 6 bezeichneten Briefe. Bei irrthümlicher Eröffnung von Briefen durch Personen gleichlautenden Namens ist übrigens, so fern dies möglich ist, eine von letzteren selbst unter Namensunterschrift auf die Rückseite des Briefes  niederzuschreibende bezügliche Bemerkung beizubringen.
VI Die Eröffnung des Begleitbriefes zu einem Packete Seitens des Adressaten beziehungsweise seines Bevollmächtigten ist der Annahme der Sendung überhaupt gleich zu achten.

§. 37. Behandlung unbestellbarer Postsendungen am Aufgabeorte.
I Die nach Maßgabe des § 36 unbestellbaren und deshalb nach dem Abgangsorte zurückgehenden Sendungen werden an den Absender zurückgegeben.
II Bei der Bestellung und Behändigung einer zurückgekommenen Sendung an den ermittelten Absender wird nach den für die Bestellung und Aushändigung einer Sendung an den Adressaten gegebenen Vorschriften verfahren. Der über eine Sendung dem Absender ertheilte Einlieferungsschein muß bei der Wiederaushändigung der Sendung zurückgegeben werden.
III Kann die Post-Anstalt am Abgangsorte den Absender nicht ermitteln, so wird der Brief an die vorgesetzte Ober-Post-Direction beziehungsweise an die mit deren Functionen beauftragte Postbehörde eingesandt, welche denselben mittelst Stempels als unbestellbar zu bezeichnen und durch Eröffnung den Absender zu ermitteln hat. Die mit der Eröffnung beauftragten, zur Beobachtung strenger Verschwiegenheit besonders verpflichteteten Beamten nehmen Kenntniß von der Unterschrift und von dem Orte, müssen jedoch jeder weiteren Durchsicht sich enthalten. Der Brief wird hiernächst mit einem Dienstsiegel, welches die Inschrift trägt: "Amtlich eröffnet durch die Ober-Post-Direction in N.", wieder verschlossen.
IV Wird der Absender ermittelt, verweigert derselbe aber die Annahme, oder läßt innerhalb 14 Tage nach Behändigung des Begleitbriefes oder des Formulars zum Ablieferungsscheine oder der Post-Anweisung die Sendung beziehungsweise den Geldbetrag nicht abholen, so können zum Verkauf geeignete Gegenstände öffentlich verkauft werden. Courshabende Papiere sind durch einen vereideten Makler zu verkaufen. Der Erlös und die etwa vorgefundenen baaren Gelder werden nach Abzug des Portos und der sonstigen Gebühren und Kosten der Post-Armen- oder Post-Unterstützungs-Kasse überwiesen.
V Briefe und die zum Verkauf nicht geeigneten werthlosen Gegenstände können nach Ablauf der Frist vernichtet werden.
VI Ist der Absender auch auf die oben vorgeschriebene Weise nicht zu ermitteln, so werden gewöhnliche Briefe und die zum Verkauf nicht geeigneten werthlosen Gegenstände nach dem Verlauf von drei Monaten, vom Tage des Eingangs derselben bei der Ober-Post-Direction beziehungsweise bei der mit deren Function beauftragten Postbehörde gerechnet, vernichtet; dagegen wird
1) bei recommandirten Sendungen, ferner bei Briefen, deren Werth declarirt ist, oder in denen sich bei der Eröffnung Gegenstände von Werth vorgefunden haben, ohne daß dieser declarirt worden ist, so wie bei Post-Anweisungen;
2) bei Packeten mit und ohne Werths-Declaration
der Absender öffentlich aufgefordert, sich innerhalb vier Wochen zu melden und die unbestellbaren Gegenstände in Empfang zu nehmen. Die zu erlassende öffentliche Aufforderung, welche eine genaue Bezeichnung des Gegenstandes unter Angabe des Abgangs- und Bestimmungsorts, der Person des Adressaten und des Tages der Einlieferung enthalten muß, wird durch  Aushang in der Post-Anstalt des Abgangsorts und durch einmalige Einrückung in ein dazu geeignetes amtliches Blatt bekannt gemacht.
VII Inzwischen lagern die Sendungen auf Gefahr des Absenders, und nur Sachen, welche dem Verderben ausgesetzt sind, können sofort verkauft werden.
VIII Bleibt die öffentliche Aufforderung ohne Erfolg, so wird mit dem Verkaufe der Sachen und mit Ueberweisung der Geldbeträge an die Post-Armen- oder die Post-Unterstützungs-Kasse nach obiger Bestimmung verfahren.
IX Meldet sich der Absender oder der Adressat später, so zahlt ihm die Post-Armen- oder die Post-Unterstützungs-Kasse die ihr zugeflossenen Summen, jedoch ohne Zinsen, zurück.
X Sind unbestellbare Sendungen in einem fremden Postgebiete zur Post gegeben, so werden sie dorthin zrückgeschickt, und es bleibt das weitere Verfahren der fremden Post-Anstalt überlassen.

§. 38 Verfügungen mit Behändigungsschein.
I In Betreff der Bestellung außergerichtlicher Verfügungen oder Schreiben mit Behändigungsschein (Insinuations-Document) gelten folgende Bestimmungen:
1) Die Insinuationen sollen in der Behausung derjenigen, an welche sie zu bewirken sind, und bei Handelsleuten in ihren Läden und Schreibstuben geschehen.
2) Die Insinuation muß an den, auf dem Schreiben benannten Adressaten erfolgen. Wird der bezeichnete Adressat nicht angetroffen, so ist die Verfügung
a) einem seiner erwachsenen Angehörigen,
b) in deren Ermangelung einem seiner Diestboten,
c) wenn es an dergleichen Personen fehlt und die Verfügung an einen Haus- oder Grundeigenthümer gerichtet ist, dem Verwalter oder Administrator, oder dem Pächter des Landgutes des Adressaten, endlich
d) in Ermangelung aller dieser Personen dem Hauswirth
zu insinuiren.
Die Zustellung darf nicht an unerwachsene Kinder, an Miether oder an Fremde geschehen.
Die Personen, an welche statt des Adressaten insinuirt wird, ist zu empfehlen, die Verfügung dem Adressaten ungesäumt zuzustellen.
3) Der Orts-Briefträger oder Land-Briefträger muß den Behändigungsschein dem Adressaten vorlegen und von ihm durch seine Namensunterschrift den Empfang der Verfügung etc. anerkennen lassen.
4) Verweigert der Adressat, oder in dessen Abwesenheit eine der unter Nr. 2 zu a bis d bezeichneten Personen die Bescheinigung des Empfanges, so ist dies von dem Orts-Briefträger oder Land-Briefträger auf dem Behändigungsscheine unter specieller Angabe des Grundes zu vermerken.
5) Wird die Annahme der Verfügung etc. aus dem Grunde verweigert, weil der Adressat die etwa zum Ansatz gekommenen Beträge an Porto, Insinuationsgebühr oder Landbrief-Bestellgeld nicht zahlen will, so hindert dieser Umstand allein die Aushändigung an den Adressaten nicht. Wird die Annahme dagegen aus einem anderen Grunde verweigert, oder tritt der Fall ein, daß niemand von den unter Nr. 2 zu a bis d bezeichneten Personen angetroffen wird, so ist die Verfügung an die Stuben- oder Hausthür des Adressaten zu befestigen. Der Orts-Briefträger oder der Land-Briefträger muß sich jedoch zuvor pflichtmäßig davon überzeugen, daß die Wohnung, an deren Thür die Befestigung erfolgen soll, dem Absender wirklich (als Miether, Nutznießer oder Eigenthümer etc.) gehört.
II In Bezug auf die Nachsendung werden die außergerichtlichen Verfügungen etc. mit Behändigungsschein wie gewöhnliche Briefe behandelt.
III Bei denjenigen Post-Anstalten, bei welchen über die Bestellung außergerichtlicher Verfügungen etc. mit Behändigungsschein hiervon abweichende Vorschriften bestehen, sind diese vorerst noch beizubehalten.
IV In Betreff der Bestellung von gerichtlichen Verfügungen oder Schreiben mit Behändigungsschein bewendet es sich bei den hierüber bestehenden besonderen Bestimmungen.

§. 39. Entrichtung des Portos und der sonstigen Gebühren.
I Für alle durch die Post zu versendenden Gegenstände, denen nicht die Portofreiheit ausdrücklich zugestanden ist, müssen das Porto und die sonstigen Gebühren nach Maßgabe des Tarifs entrichtet werden.
II In so fern das Gegentheil nicht ausdrücklich bestimmt ist, können sowohl Briefe als Gelder und Packete nach der Wahl des Absenders frankirt oder unfrankirt zur Post eingeliefert werden.
III Ist das Franco am Abgangsorte zu niedrig erhoben und berechnet worden, so wird der fehlende Betrag als Porto zugeschlagen und vom Adressaten erhoben. Letzterer kann in solchem Falle, und wenn die Sendung im Norddeutschen Postgebiete zur Post gegeben war, die Ausfolgung derselben ohne Portozahlung verlangen, in so fern er den Absender namhaft macht und das Couvert oder die Begleit-Adresse oder eine Abschrift davon zurückzunehmen gestattet. Der fehlende Betrag wird alsdann vom Absender eingezogen.
IV Ist eine Briefpost-Sendung vom Absender durch Marken oder gestempelte Couverts (siehe Abs. VI) ungenügend frankirt, so wird der fehlende Betrag beziehungsweise auch das Zuschlag-Porto ebenfalls dem Adressaten als Porto angesetzt. Die Verweigerung der Nachzahlung des Portos gilt in diesem Falle für eine Verweigerung der Annahme des Briefes etc.
V Bei frankirten Sendungen kann auch das gewöhnliche Landbrief-Bestellgeld vorausbezahlt werden, jedoch nur mit der Maßgabe, daß dessen Erstattung nicht verlangt werden kann, wenn die Sendung nicht bestellt, sondern vom Adressaten abgeholt worden ist.
VI Freimarken und gestempelte Brief-Couverts können zum Frankiren in demselben Umfange, wie gemünztes Geld und Papiergeld benutzt werden.
VII Sendungen, welche bei einer Norddeutschen Post-Anstalt mit Marken oder gestempelten Couverts einer fremden Postverwaltung frankirt aufgeliefert werden, sind als unfrankirt zu behandeln und die Marken oder Couverts als ungültig zu bezeichnen.
VIII Wird die Annahme eines Gegenstandes von dem Adressaten verweigert, oder kann der Adressat nicht ermittelt werden, so ist der Absender, selbst wenn er den Gegenstand der Sendung nicht zurücknehmen will, verbunden, das tarifmäßige Porto und die Gebühren zu zahlen.
IX Für Sendungen, welche erweislich im Norddeutschen Postgebiete auf der Post verloren gegangen sind, wird kein Norddeutsches Porto gezahlt und das etwa gezahlte erstattet. Dasselbe gilt von solchen Sendungen, deren Annahme wegen vorgekommener Beschädigung vom Adressaten verweigert wird, in so fern die Beschädigung von der Postverwaltung des Norddeutschen Bundes zu vertreten ist.
X Hat der Adressat die Sendung einmal angenommen, so ist er, so fern in Vorstehendem nicht ein Anderes bestimmt ist, zur Entrichtung des Portos und der Gebühren verpflichtet, und kann sich davon durch spätere Rückgabe der Sendung nicht befreien. Die Staats-Behörden sind jedoch befugt, auch nach erfolgter Annahme und Eröffnung portopflichtiger Sendungen die Brief-Couverts zu dem Zwecke an die Post-Anstalt zurückzugeben, das Porto von dem Absender nachträglich einzuziehen. Für eine solche Einziehung von Porto werden keinerlei Gebühren in Ansatz gebracht.

§. 40. Tarif-Bestimmungen.
I Die zu dem ersten Abschnitte gehörigen, reglementarisch zu treffenden Tarif-Bestimmungen, so weit dieselben in dem gesammten Umfange des Norddeutschen Postbezirks gleichmäßig Anwendung finden, sind in der anliegenden Zusammenstellung enthalten. Rücksichtlich der localen Gebühren-Sätze für die Bestellung der Stadtbriefe und der Packete, beziehungsweise der Werthsendungen, durch Factage-Boten, sowie für die Landbrief-Bestellung bewendet es bis auf Weiteres bei den bestehenden Verhältnissen.

Zweiter Abschnitt.
Von der Estafetten-Beförderung.
§. 41.

Dritter Abschnitt.
Von der Beförderung der Personen auf den ordentlichen Posten.
§. 42. -  54.

Vierter Abschnitt.
Von der Extrapost- und Courier-Beförderung.
§. 55. - 62.

§. 63. Anfangs-Termin.
I Gegenwärtiges Reglement tritt am 1. Januar 1868 in Kraft.

Berlin, den 11. December 1867.

Der Kanzler des Norddeutschen Bundes.
Graf von Bismarck-Schönhausen.